Adieu Douce France!

Grouil­lez-vous les Teu­tons, das Ein­schla­fen der kul­tu­rel­len Bezie­hun­gen zwi­schen den eins­ti­gen Erb­fein­den und Freun­den Deutsch­land und Frank­reich… ein NACHRUF!

Ken­nen Sie noch jemand, der Fran­zö­sisch spricht? Als zwei­te Fremd­spra­che wird all­ge­mein Spa­nisch gewählt, weil es angeb­lich eine Welt­spra­che ist, die übri­gens schon in His­pa­ni­en selbst mit gali­cisch, valen­cia­nisch, kata­la­nisch zu kämp­fen hat. Außer­dem ist die ein­zi­ge latei­ni­sche Groß­macht heu­te Bra­si­li­en, und die wer­den einen Teu­fel tun, spa­nisch zu quatschen.

Ein Zyni­ker erzähl­te mir mal, mit Spa­nisch käme man höchs­tens bei den Pen­nern an der New Yor­ker Bronx gut durch. Mit einem Schwe­den, Eng­län­der oder Hol­län­der ver­mag man sich kaum in der Spra­che von Cer­van­tes und Fran­co zu verständigen.

Spa­ni­en hat­te his­to­risch vie­le Chan­cen, mit den Ent­de­ckun­gen, der Erobe­rung des ara­bi­schen Anda­lu­si­ens – die­se cre­ti­nos hat­ten dann nichts wei­ter zu tun, als eine sel­ten flei­ßi­ge und betrieb­sa­me Bevöl­ke­rung zu ver­trei­ben, im Gold­rausch. Du, die haben all ihre his­to­ri­schen Mög­lich­kei­ten ver­spielt! Ick hablo natür­lich espa­nol, aber es kann Fran­zö­sisch als Kul­tur­spra­che, als Idi­om des Den­kens und der Demo­kra­tie, von Frei­heit, Gleich­heit, Brü­der­lich­keit, in sei­ner fas­zi­nie­ren­den Café­haus­kul­tur, nie­mals ersetzen.

Nur, kein Teu­to­ne lernt die Spra­che Vol­taires noch rich­tig, man begnügt sich mit dem übli­chen Not­eng­lisch, was man für die ein­zi­ge kul­tu­rel­le Ver­stän­di­gungs­mög­lich­keit hält, kommt damit auch pas­sa­bel durch. Die Gal­li­er, nun ein­mal unfä­hig zum Fremd­spra­chen­ler­nen, ver­mö­gen das nicht ganz so gut. Man muss ja auch akzep­tie­ren, dass Frank­reich ein eigen­stän­di­ges Land ist und Deutsch­land eine ame­ri­ka­ni­sche Kolonie.

Freund­schaf­ten, Ehen, sozia­le Ver­bin­dun­gen wie frü­her — sech­zi­ger Jah­re etwa — gibt es kaum noch. Ich ken­ne tat­säch­lich deutsch-fran­zö­si­sche cou­ples, die dar­an geschei­tert sind, dass sie sich immer nur in ihrem gemein­sa­men Rat­ter­eng­lisch verständigten.

Wir sind wie ein altes Ehe­paar, das mit Lie­be, Streit und Hader und gegen­sei­ti­gen Ansprü­chen so viel durch­ge­macht hat, dass man sich jetzt dis­kret von­ein­an­der zurück zieht und höchs­tens ver­sucht, wirt­schaft­lich-poli­tisch zurecht­zu­kom­men. Ist ja auch in Ord­nung. Wir haben viel Zeit damit ver­bracht von­ein­an­der zu träu­men, so dass wir jetzt nicht mehr auf­ein­an­der gespannt sind, nicht mehr mit­ein­an­der schla­fen, uns nicht mehr manch­mal die Fres­se einschlagen.

Deutsch­land kommt meis­tens in der prak­ti­schen inter­na­tio­na­len Poli­tik bes­ser zurecht als der Nach­bar. Aber dafür bewun­dern uns die Gal­li­er nicht, höchs­tens fin­den sie uns des­halb nicht so sym­pa­thisch. Und die Gebil­de­ten unter ihnen träu­men von Bach, Schu­bert oder Mozart, fin­den unser oft gebell­tes, angli­sier­tes Idi­om in sei­ner hei­ligs­ten Form wun­der­bar sonor, romantisch …

Ich hat­te mal eine Freun­din links des Rheins, die eine Schwä­che für mich zeig­te, rich­tig habe ich das auch nicht ver­stan­den, O.K.? Die wur­de in ihrer Umge­bung macht­voll respek­tiert, ja bewun­dert: „Une roman­tique alle­man­de, car elle aime Lothar”, hieß es da tatsächlich.

Ja, ich weiß, Du grinst bloß und denkst: Muss ja eine bescheu­er­te Tus­si gewe­sen sein. Kei­ne Angst, mein Freund und Gön­ner sie behielt ihren fran­zö­si­schen Charme, das Kapri­ziö­se, Raf­fi­nier­te, Intel­li­gen­te, unge­ach­tet ihrer deut­schen Schwär­me­rei und leg­te mich echt rein. Eine wich­ti­ge Erfah­rung! MERCI!

Des­halb bin ich noch immer fran­ko­phil geblie­ben, ich kann auch mit nie­mand leben, der nicht fran­ko­phil ist. Bis in die Inti­mi­tät von Ope­ra­tio­nen — bei Nar­ko­sen, ver­stehst Du — fase­le ich Fran­zö­sisch. Wir sind geschaf­fen, ein­an­der zu ergän­zen. Dass die Römer im Teu­to­bur­ger Wald 9 nach Chris­tus geschei­tert sind, fin­de ich eini­ger­ma­ßen tra­gisch. Denn ohne die­se Nie­der­la­ge wären wir Ger­ma­nen auch Roma­nen geworden.

Aber dann hät­te es die­se wun­der­ba­re, manch­mal qual­vol­le, heu­te blöd­sin­nig deng­li­sier­te, sono­re Spra­che nicht gege­ben, in der ich mich arti­ku­lie­ren darf. Ich hab’ eine ewi­ge, nicht ganz erfüll­te Lie­be zu Frank­reich und das als bewuss­ter Ger­ma­ne, der stolz ist, in mei­nem wun­der­ba­ren Idi­om mich aus­drü­cken zu dürfen.

Vive la France, vive l’Allemagne, und lasst uns immer gute Nach­barn sein, die sich auch stets wun­der­bar ver­stän­di­gen kön­nen. Ain­si soit-il! AMEN! 

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