Was nicht mehr rückgängig zu machen ist und was mir trotzdem noch so vorschwebt. Manche nennen das Leben.

Gebo­ren in der dama­li­gen Reichs­haupt­stadt, Sohn eines idea­lis­tisch-huma­nis­ti­schen Medi­zi­ners im Ber­li­ner Wed­ding, auf­ge­wach­sen in Trüm­mern, Hin­ter­hö­fen, unter Schie­bern, unter­ge­tauch­ten Ex-Faschis­ten, bei häu­fi­gen Strom­sper­ren, bis die ers­ten Schmalz­stul­len und dann die Care-Pake­te der guten Ame­ri­ka­ner auf­tauch­ten, wes­halb der Künst­ler nie­mals zu einem voll­kom­me­nen Anti-Ame­ri­ka­ner wer­den konn­te und John Way­ne, Gary Coo­per und vor allem Mont­go­me­ry Clift zu sei­nen Jugend­freun­den zählte.

Gal­li­sche Aus­bil­dung, Abitur, mäßi­ger Durch­schnitt, sogar Grie­chisch (und ohne grie­chi­sche Mytho­lo­gie und Phi­lo­so­phie ist Lothar von Ver­sen ein­fach nicht zu verstehen).

Stu­di­um der Fächer Geschich­te, Fran­zö­sisch, Ita­lie­nisch in Ber­lin, Göt­tin­gen, Caen in der Nor­man­die, sogar Coim­bra in Por­tu­gal, um erst 12 Jah­re nach Stu­di­en­be­ginn mit einem aller­dings unge­wöhn­lich gutem MAGISTEREXAMEN abzu­schlie­ßen. Eine Dok­tor­ar­beit war schon in Arbeit, doch der Sän­ger spricht nicht gern darüber.

Hei­rat mit einer jun­gen, dun­kel­haa­ri­gen Frau aus dem fran­zö­si­schen Poi­tou, Hélè­ne, die ihm die wun­der­ba­ren Ninos Isa­bel und Rafa­el schenk­te. Vor­na­men in der Fami­lie, auch die der Enkel , kon­se­quent spa­nisch, obwohl Lothar die sanf­ten Por­tu­gie­sen ihren rau­en ibe­ri­schen Nach­barn klar vorzieht.

Statt in Frank­reich zu blei­ben, um sich dort als Chan­son­nier, Revo­lu­tio­när, Jour­na­list oder Salon­phi­lo­soph zu ver­wirk­li­chen, begeht der Künst­ler den schwe­ren Feh­ler heim­zu­keh­ren in die Front­stadt Westberlin.

Die APO bricht los, Zei­tungs­ver­käu­fer von Sprin­ger ver­prü­gelt man, Lang­haa­ri­ge wer­den auf­ge­for­dert, nach “drü­ben“ zu gehen, und Lobo der Lang­haa­ri­ge, selbst Edel­kom­mu­nist, schreibt ein Spott­lied über Onkel Mao, weil er des­sen Kul­tur­re­vo­lu­ti­on ein­fach bar­ba­risch und beschis­sen findet.

Das trägt ihm allent­hal­ben Prü­gel­an­ge­bo­te ein, die er, auch bei sei­nen ers­ten Bar­den-Auf­trit­ten etwa im GO-IN, mann­haft oder läu­fe­risch — er soll ein her­vor­ra­gen­der Mit­tel­streck­ler gewe­sen sein — zu ver­mei­den versucht.

Beru­fe: Jour­na­list, Dol­met­scher, Leh­rer an Gym­na­si­en und Abend­schu­len, erwerbs­los gewor­den. Auf­bruch ins ambu­lan­te Lie­der­ma­cher-Kaba­ret­tis­ten-Rund­funk­mo­de­ra­to­ren-Kurz­ge­schich­ten-Autoren-Dasein. Tou­ren durch die Bun­des­re­pu­blik, die Schweiz, Öster­reich gar; Frank­reich bleibt ein Traum für den beken­nen­den Deutsch-Fran­zo­sen und viel­leicht soll das so sein.

Leben in Herms­dorf, betreut von der ewi­gen Muse Edda, mit der er die nächs­ten Jahr­zehn­te plant.

Der bekann­te Rezen­sent Hans Ulrich Fie­se­mei­er schrieb ein­mal über Lothar von Ver­sen in der deut­schen Aus­ga­be von LE MONDE sehr vieldeutig:

„Schön und gut , mit dem MANN VON MORGEN und dem TOLLEN OPA hat­te er frü­her mal Bei­na­he-Hits, mit „Har­le­kin im Herbst“ ver­fass­te er eine rei­zen­de Lie­bes­ge­schich­te , der FROHE LEIHARBEITER stellt das wich­tigs­te Lied aus der sozia­len Welt über­haupt dar, mit der „RUTH“ erin­ner­te er an einen uralten Män­ner­traum, „RETTET DIE DEUTSCHE SPRACHE“ ist das Bedeu­tends­te, was seit Mark Twa­in über unse­re Spra­che gesagt wur­de, gewiss, gewiss, aber irgend­wie stel­len sei­ne bei­den Kin­der doch sei­ne gelun­gens­ten Pro­duk­te dar.
Und die hat er nicht allei­ne gemacht.“

Wor­te, die nach­denk­lich stim­men, doch wer sich in das Oeu­vre des Bar­den ver­tieft, der wird reich belohnt!

(Lothar von Ver­sen ist am 26.09.2014 verstorben)

Zum Seitenanfang